120 km bis zur Schule - Einsamkeit in Nordschweden

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Karsten
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120 km bis zur Schule - Einsamkeit in Nordschweden

Beitrag von Karsten »

Recht ruhig und einsam ist es in dieser Gegend und nicht jeder von uns könnte mit der Stille und Einsamkeit umgehen. Der nächste Nachbar ist oftmals mehrere 100 Meter, wenn nicht sogar bis zu einigen Kilometern, entfernt. An manchen Tagen wird es im Winter erst gar nicht hell und im Sommer geht die Sonne nicht unter, so dass man noch mitten in der Nacht im Wald spazieren gehen kann ohne eine Taschenlampe dabei haben zu müssen.

Nordschweden – Norrland umfasst 58% der gesamten Fläche Schwedens. Doch es leben hier gerade mal 17% der Bevölkerung. Am dichtesten besiedelt sind Ångermanland, Västerbotten und Norrbotten. Ganz im Norden kommen sogar weniger als 3 Einwohner auf einen Quadratkilometer. Für uns ist es kaum vorstellbar, dass manche Kinder sogar jeden Tag bis zu 120 Kilometer mit dem Schultaxi befördert werden müssen, um zu einer entsprechenden Schule zu gelangen.

Von den 17% der Bevölkerung sind einige wenige noch Samen, sie sind die Urbevölkerung Schwedens. Ca. 10% von ihnen verdienen ihren Lebensunterhalt auch heute noch mit der Rentierzucht. Bislang konnten sie ihre Kultur und Sprache bewahren, doch wie lange dies möglich bleibt, ist fragwürdig.

Durch die klimatischen Veränderungen innerhalb eines jeden Jahres, ist es kaum möglich Landwirtschaft zu betreiben, wie in anderen Teilen des Landes.
Nicht nur Menschen sondern auch Tiere müssen in dieser Gegend mit den extremen Temperaturunterschieden klarkommen, so kann es im Sommer bis zu brütendwarmen +30°C und im Winter bitterkalt um -40°C werden.
Die Samen sprechen nicht von vier Jahreszeiten wie wir, sondern von acht, das zeigt deutlich, wie sehr sich die Landschaft und das Klima verändert und für die dort lebenden Menschen die Landwirtschafterei besonders erschwert ist.
Daher blieben bislang oft nur Bodenschätze, die die Versorgung der Menschen sicherte, doch diese wurden bereits weitestgehend ausgeschöpft. Auch der Waldbestand ist immer stärker gefährdet. Ungeachtet auf Tier und Mensch wird gerodet, um Rohstoff für die Papierindustrie bereitzustellen.

Einst versechsfachte sich die Bevölkerung mittlerweile schrumpft sie drastisch. Es gibt nicht genügend Möglichkeiten für die Menschen, die Jungen ziehen weg und die noch Dagebliebenen werden immer älter. Die meisten arbeiten in den Kommunen, die sich speziell um die Versorgung der Menschen kümmern. Weitere Arbeit gibt es nur noch in einigen wenigen Fabriken, Verwaltungen und im Handel. Das sind nicht gerade die besten Zukunftsaussichten für junge Menschen.

Wären die Touristen nicht, die zum Winterurlaub kommen, sich das Polarlicht und im Sommer die Mitternachtssonne anschauen, die Autofirmen, die gerade im Winter ihre neuen Modelle auf Sicherheit und Glätte testen würden, wäre es in Norrland noch einsamer.

Quelle:
http://www.schwedenstube.de/einsamkeit.php
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elchenkind
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Beitrag von elchenkind »

"An manchen Tagen wird es im Winter erst gar nicht hell und im Sommer geht die Sonne nicht unter, so dass man noch mitten in der Nacht im Wald spazieren gehen kann ohne eine Taschenlampe dabei haben zu müssen."

Lieber Karsten,
hier möchte ich nun gerne einmal etwas dazu sagen... :pfeif:
Wir haben 2 Jahre in der absoluten Wildnis in der Nähe von Arjeplog gelebt und immer wieder wurden wir gefragt, wie wir denn mit der Dunkelheit klar kommen....WELCHE DUNKELHEIT??? Ja, es ist richtig, dass es ab Ende Oktober um die Mittagszeit herum dunkel wird, dafür ist es dann ab ca. 19h draussen wieder so hell durch den Mondschein und den Schnee, dass es nur noch dämmrig ist, ab Ende Dezember geht es dann mit riesen Schritten wieder bergauf und es ist bereits Anfang Januar wesentlich länger hell, als in Deutschland um die Jahreszeit...In der Tat handelt es sich hier maximal um 2 Monate, wo es ab 13h dunkel wird und wir fanden es sehr schön, weil es so viel Zeit für die Dinge gab, die sonst liegen bleiben. Im Frühling und Sommer gibt dann die "24stündige Beleuchtung" soviel Power, dass wir uns oftmals nachts um 1h bei der Arbeit ertappten und uns nur wundern konnten, warum wir garnicht müde wurden, obwohl es ja schon "soo spät" war. Es ist sicherlich nicht jedermanns Sache, dass es fast immer hell ist, aber insgesamt betrachtet, ist Lappland im Winter wesentlich heller und freundlicher als Deutschland. :flagge3:
hansbaer
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Beitrag von hansbaer »

Als Physiker und Astronomieinteressierte muss ich da vehement widersprechen.

Die Tage sind in Schweden vom 23. September bis zum 21. März kürzer als in Deutschland und dafür im ganzen Rest des Jahres länger. Im Januar ist es also nie und nimmer länger hell als in Deutschland.

Rechenbeispiel für den 15. Januar 2009:
Frankfurt: 8:16 Uhr bis 16:49 Uhr (also 8 Stunden und 33 Minuten)
Arjeplog: 9:32 Uhr bis 12:15 Uhr (also 2 Stunden und 43 Minuten)

Wenn man bedenkt, dass in den knapp 3 Stunden nicht wirklich hoch steigt und der Mondschein zwar schön ist, aber eben nur eine Sonnenreflektion und nicht die Sonne, so mag es zwar draußen selten stockfinster sein, aber von "hell" zu sprechen halte ich doch für sehr gewagt.

Es ist ja kein Zufall, dass die Leute depressiv werden im Winter.
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elchenkind
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Beitrag von elchenkind »

...das mag ja statistisch betrachtet richtig sein.... 8)
aber meine persönliche Erfahrung ist, dass ich im Winter sehr viele Telefongespräche mit Norddeutschland führte, wo mir immer gesagt wurde, wir haben schon das Licht an, es ist so dunkel hier...wir in Lappland dagegen kein Licht benötigten....ist bestimmt auch eine Frage wie jeder für sich damit umgeht und es somit für sich persönlich empfindet...richtig ist auf jeden Fall, dass die Menschen in Lappland extreme Stimmungsschwankungen haben, ob das nun mit dem Licht zusammenhängt....?! :daisy:
Tommy_Bl

Beitrag von Tommy_Bl »

Ja, und wenn du mittags von Lapplamd nach Kuala Lumpur telefonierst, haben die da auch immerschon das Licht an. Da ist es wohl immer dunkel, da in KL?
hansbaer
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Beitrag von hansbaer »

Also jetzt wird es absurd - also würden Deutschland und Schweden in verschiedenen Zeitzonen liegen.

Ich bin zwar der Ansicht, dass elchenkinds Eindrücke nicht unbedingt allgemeingültig sind, aber wenn man mit den extrem kurzen Tagen so gut klar kommt, ist das ja schön.

Mir persönlich geht es hier in Schweden auch nicht so, dass ich denke "Och, schon wieder dunkel...". Es ist viel mehr unterschwellig, dass der flache Einfallwinkel des Lichts und die geringere Intensität den internen Schalter auf Abend legt, und man eher müde und träge wird.
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elchenkind
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Beitrag von elchenkind »

:Blumenstrauss: ..ich danke dir...meine Antwort, zum aus dem Kontext gerissenen Kommentar des Gastes, wäre sicherlich etwas anders ausgefallen....
genau, das ist es...wir haben zu acht dort zwei Jahre verbracht und alle acht waren wir wirklich verwundert über die ständige Frage nach der "Dunkelheit", denn keiner von uns hat es so empfunden, und das wollte ich lediglich einmal kund tun...natürlich sind es persönliche Eindrücke, aber wenn ich statistische möchte, schaue ich ja auch nicht nach dem Wetter in einem Forum... :pfeif:
Viele Menschen denken, es ist ganz schlimm in Lappland, eben wegen dieser Dunkelheit, und dem ist nach unseren Eindrücken, eben nicht so...
Es ist auch richtig, dass man im Winter müder und träger wird, aber ich persönlich empfand dies als guten Ausgleich zu den langen und super aktiven sogenannten "hellen Zeiten"....eben die Seele baumeln lassen.... :daisy:
Ich persönlich empfand es eher als störend, über einen Zeitraum von fast sechs Monaten nur weiss, grün und blau zu sehen, denn dadurch, dass solange soo viel Schnee liegt, fehlen dem Auge die Farbreize und das ist für drei,vier Monate ganz ok, aber alles was darüber hinaus geht, ist wirklich anstrengend...
:flagge3:
Gast

Beitrag von Gast »

Hejsan,

ich kann mich da nur elchkind anschließen, mehere monate war ich in lappland und den winter hab ich jetzt auch nicht als sooo schlimm empfunden. wenn ich überlege, das von november bis märz auch dunkelheit herrscht wenn ich morgens zu arbeit fahre und abends wieder komme und als norddeutscher keinen schnee habe, finde ich das in lappland angenehmer.
der sommer hat mit mehr zu schaffen gemacht, ich brauche einen sternenhimmel und da hatte ich meine probleme zu dieser zeit, leider. aber mein aufrichtigen respekt gehört wahrlich den einwohnern, die mir sehr viel glücklicher erscheinen, als viele die ich in deutschland kenne. :fahne:
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