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Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 27. August 2011 15:13
von goteborgcity
Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Antialkoholiker Schwedens so zahlreich und mächtig, dass das Parlament überlegte Alkohol im ganzen Lande vollständig zu verbieten. Als es dann jedoch zu einer Volksumfrage kam, die zum Verbot jeden Alkohols führen sollte, wollte die Mehrheit der Schweden dennoch nicht auf alkoholische Getränke verzichten und 50,8 Prozent der Bevölkerung (bei einer Wahlbeteiligung von 99 Prozent), forderten den freien Verkauf von Wein, Bier und Schnaps. Diese Forderung wollte die Regierung jedoch keinesfalls erfüllen, was schließlich zum Monopol der Systembolaget führte.

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Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 27. August 2011 20:08
von annie
Varningsord
mot brännvinsbruk och dryckenskap


af f.d. Generaldirektören MAGNUS HUSS
den 22 Oktober 1887 ingifna Kungl. Kommissionen för nykterhetsskrifters utgifning och spridning

Dieses wirklich interessante Druchwerk hängt bei uns gleich im Entree!
Der Umgang mit dem Alkohol erinnert mich hier immer wieder an Russland - haben die Svea das Problem dorthin mitgenommen oder kommt es von dort?
Wir alle, die hier länger leben, haben so unsere Gedanken dazu.
Anstelle die Preise im Bolag nach unten zu schrauben, wird der Schmuggel fuer einige zur Geschäftsgrundlage.
Die Presse entruestet sich ueber den Schwarzverkauf von Alkohol an Minderjährige - das ist kein Brännvin från Systemet!

Das ist ein Teil von Annies Meinung dazu

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 27. August 2011 20:33
von goteborgcity
Interessant ...

Meines wissens haben sich die Schweden ihre "Alkoholprobleme" gleich zu Beginn selbst geschaffen, denn Mitte des 15. Jahrhunderts kam das "Lebenswasser" nachweislich von Lübeck aus nach Schweden und bereits 50 Jahre später wurde das Brennen von Alkohol und sein Verkauf in Stockholm verboten. Seit dieser Zeit ist die Alkoholpolitik des Landes restriktiv und heute bilden die Antialkoholiker des Landes eine starke Lobbygruppe ... wissen die Götter warum.

Aber, meiner Meinung nach, verursacht gerade diese Politik und die Extremsteuern das tatsächliche Alkoholproblem. Früher gingen die Alkoholboote, egal ob in Umeå, Stockholm, Göteborg oder von sont wo täglich in die Nachbarländer und im Gebiet an der norwegischen Grenze wurde schwarz gebrannt was nur ging. Heute kommen die LKWs fast ins ganze Land und der Alkohol wird gut organisiert verkauft an den, der bezahlt (billiger als im systemet). Niemand weiss genau wie viel illegal ins Land kommt und die Polizei und Zoll interessieren sich gar nicht erst dafür. Hier in Göteborg kenne ich über zehn Stellen an denen täglich Alkohol geliefert wird und wo auch Jugendliche ihn kaufen können, aber dies alles ändert nichts an der Politik, denn die Steuereinkommen aus Alkohol bringen immer noch so hohe Summen, dass sich restriktive Alkoholpolitik in Schweden einfach finanziell lohnt. Die Frage ist daher weniger "Alkohol", sondern "Kapital".

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 27. August 2011 21:12
von annie
Eigentlich ist das Gehabe mit Alkohol fuer einen nicht Nordeuropäer zum totlachen.

Ein Vorfest vor dem offiziellen Fest - ein in Rente gegangener Kollege hat es in ueber 30.ig
jähriger Tätigkeit nicht geschafft das kommunale Fest zu erleben. Nach dem Vorfest war schon Schluss.
Beim Fest im Bygdegården wird auf dem Parkplatz aus dem Kofferraum getrunken. Drinne trinkt keiner und trotzdem sind wir alle voll.
Wer auf eine private Feier geht, nimmt seine Getränke selbst mit, was nicht geleert wird, folgt wieder mit nach Hause.

Ich mache mal nicht weiter, so ist das eben.

Annie

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 27. August 2011 21:56
von goteborgcity
Na ja, jedes Land hat seine Eigenheiten, wobei ich ein Vorfest nicht übel finde, aber auch keines kenne, bei dem man bereits so betrunken wäre, dass man das Fest nicht mehr verkraftet, denn das Vorfest ist ja nur dazu da, damit man dann lockerer wird und sich etwa auf gleichem Niveau trifft um dann einige Stunden offiziell feiern zu können ohne in einer Nacht zu verarmen. Man muss selbst nach dem Hauptfest nicht voll betrunken sein, sondern eben nur angeheitert.

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 27. August 2011 22:51
von annie
Was ist ein Vorfest?

Ihr nicht Eingeweihten der schwedischen Trinkgewohnheiten - ein Vorfest ist dazu da, billiger in Feierlaune zu kommen.
Wenn unsereins die Preistafel bei den Festivitäten liest, wird ihm anders- nicht vom Alkohol.
Also trifft man sich bereits voher, in privater Runde und beisst einen ab, je nach Lage.
Wenn man dann zum offiziellen Fest kommt, ist man lockerer und es wird nicht mehr so teuer.
Fuer Otto- Normalverbraucher ist bei der Preisentwicklung in D vieleicht auch bald Vorfesttime mit Normapilsner? :pfeif:

Es gruesst Annie

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 27. August 2011 23:13
von goteborgcity
Hej Annie,

auch wenn Deine Erklärung den Nagel auf den Kopf trifft, so muss ich zugeben, dass ich bei Deiner Wortwahl etwas Schwierigkeiten habe alles zu verstehen, denn mit ..."in privater Runde und beisst einen ab, je nach Lage" komme ich leider nicht ganz klar, da mir dazu der deutsche Wortschatz fehlt. Ich wäre Dir daher wirklich dankbar, wenn Du solche Ausdrücke so wiedergeben könntest (vor mir aus in Klammern), dass es auch jemand versteht, der die deutsche Sprache weniger gut beherrscht als Du.

Ich meine das jetzt nicht ironisch, sondern ich komme mit deutschem Slang nicht zurecht, tut mir leid.

Grüsse aus Göteborg
goteborgcity

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 28. August 2011 09:44
von Framsidan
Goteborgcity man sagt aber auch hier, skall vi inte bita av en....

Ja die Vorfesterl sind oft die schönsten ;) , das hinterher könnte man sich oft schenken.

Ich tat mich da am anfang auch schwer das zu verstehen dass man einen trinkt bevor man weggeht. Aber in schweden ist das mal so, andere Länder andere Sitten. Und keiner soll mir sagen dass der Deutsche weniger trinkt, sie haben halt andere Gewohnheiten.

Habe eine Freundin in D die einige Jahre einen Freund und hie rhatte. Sie konnte nie verstehen dass er sich zuhause einen "Grogg" gönnte bevor sie ausgingen. Ich versuchte oft ihr das zu erklären aber richtig heim ging das wohl nie.

Aber dass die Leute nicht zum Hauptfest gehen konnten weil zu sehr betrunken, das habe ich noch nie erlebt. Klar passiert es mal dass einer ein glas zu viel trinkt aber wo passiert das nicht?

Diesen Schwarzmarkt mit Alkohol hier mag ich gar nicht. Und sehe ich hie rjemand der an Jugendliche verkauft, rufe ich bei der Polizei an. Ich würde da ja viel härter durchgreifen.

Framsidan

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 28. August 2011 11:05
von goteborgcity
Hej Framsidan,

ich habe zwar die gleiche Einstellung wie Du zum Alkoholverkauf an Jugendliche, aber habe es aufgegeben die Polizei zu rufen, da sie entweder gar nicht auftaucht, oder so langsam ins Auto steigt, dass der Handel bei ihrer Ankunft längst abgeschlossen ist. Da ist sich ja immer um die gleichen Stellen handelt und meist sogar die gleichen Uhrzeiten, kann man davon ausgehen, dass sich die Polizei gar ncht dafür interessiert. Das ist eine traurige Tatsache, aber vermutlich kann man damit keine Beförderung verdienen.

Herbert

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 28. August 2011 15:52
von F.Josef
Diese Verhaltensweise ist in Deutschland - zumindest unter jungen Leuten - nicht unbekannt. Nur heißt es dort "vorglühen"

Josef

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 28. August 2011 16:21
von knut245
"einen abbeissen" als Redewendung ist in D auch unbekannt (im Sinne von "etwas trinken"). Ich nehme an, annie hat einfach die schwedische Redensart wörtlich übersetzt, was gerne mal schief geht - in beide Richtungen.

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 28. August 2011 16:59
von goteborgcity
Danke für die beiden Erklärungen F.Josef und knut245. So habe ich wieder etwas dazugelernt.

Wörtliches übersetzen sollte man sehr oft bleiben lassen, oder eben den Ausdruck in der Originalsprache mit angeben. Ich habe etwas gerätselt und kam zwar auf den ungefähren Sinn, aber da ich mir solche Redewendungen merken will, kann das natürlich ganz schön daneben gehen, denn ich war sicher, dass es sich um eine übliche Redewendung handelt.

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 28. August 2011 17:17
von kapehei
Hej Herbert,

dann merke Dir besser "vorglühen" in diesem Zusammenhang. Das ist gebräuchlich.

P.S. Hast Du meine email bekommen (kapebr)?

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 28. August 2011 17:49
von goteborgcity
Hej Karsten,

ja, "vorglühen" ist erst einmal im passiven Wortschatz gespeichert und der Rest ist gelöscht.

Ja, Deine Mail habe ich bekommen und werde auch spätestens Morgen darauf antworten. Kam leider eine Vernissage, ein Jazzfestival, eine Preisverleihung und ein mittelalterliches Fest dazwischen, die mich ans Arbeiten brachten. Ein paar Stunden mehr am Tag könnten mir nicht schaden, aber dieser Antrag wurde leider abgelehnt.

Bis bald

Herbert

Re: Alkohol, ein ungelöstes schwedisches Problem

Verfasst: 28. August 2011 17:57
von Framsidan
Vorglühen habe ich noch nie gehört