Herrenberger Verein startet Aktion für die Aussterben bedrohten Zwerggänse
In Schweden wurde in diesem Sommer ein Ultraleichtflugzeug getestet. Die Herrenberger Aktion Zwerggänse hat jetzt zwei baugleiche Maschinen bestellt. Um den Propeller kommt zum Schutz der Tiere ein Gitterkäfig. Die Reisegeschwindigkeit liegt bei 55 Stundenkilometern.
Foto: Aktion Zwerggans
Herrenberg - Vorneweg ein Ultraleichtflugzeug, dahinter 25 bis 30 Junggänse. So will der Herrenberger Verein Aktion Zwerggans 2006 die vom Aussterben bedrohten Tiere vom Polarkreis nach Deutschland führen.
Die Junggänse, die auf der Bislicher Insel am Niederrhein bei Xanten überwintern sollen, sind noch nicht geboren. Sie werden ab Ende Mai im nördlichsten Zoo Europas, im schwedischen Lycksele, ausgebrütet. "Wir hoffen, genügend Eier zu finden", sagt Hansjörg Jung, Sprecher des 2001 gegründeten Vereins. Das ist gar nicht so einfach. Schweden stellt an das Auswilderungsprojekt hohe genetische Ansprüche. "Höchste Reinheit" werde gefordert, Mischlinge sind ausgeschlossen. Die Eier sollen in Wasservogel-Zuchtstationen in Finnland und Schweden gekauft werden. Die Uni Heidelberg führt genetische Tests durch.
Jahre hat der 35-Mitglieder-Verein gebraucht, um sein Pilotprojekt starten zu können. "Wir mussten auf internationaler Ebene dicke Bretter bohren, um alle Genehmigungen zu bekommen", so Jung. Es ging nicht nur um die Genetik, sondern auch um Überflugrechte und anderes mehr. Dabei wurde der Verein eigentlich nur gegründet, um den Franzosen Christian Moullec, der Ende der 90er Jahre Zwerggänse erfolgreich in ein sicheres Überwinterungsgebiet geleitete, finanziell zu unterstützen. Dass der Herrenberger Verein einmal Projektleiter wird, war so nicht geplant: "Wir sind da reingeschlittert", sagt Jung.
Dass es funktioniert, wenn Menschen in die Elternrolle von Gänsen schlüpfen, weiß man seit den Experimenten des Verhaltensforschers Konrad Lorenz. Die Herrenberger haben aber auch schon eigene Erfahrungen gemacht. 2002 zogen sie 13 Zwerggänse groß und "prägten" sie, wie es in der Biologensprache heißt. So wird es auch in Schweden sein. Alle am Projekt beteiligten Retter werden die gleiche Kleidung tragen. Und vom ersten Lebenstag an werden die Küken an Geräusch und Aussehen des Ultraleichtflugzeugs, dem sie folgen sollen, gewöhnt.
Gestartet wird voraussichtlich Mitte August vom künftigen Brutgebiet der Zwerggänse nahe des Polarkreises. Dorthin werden sie einige Wochen nach dem Ausschlüpfen in Lycksele gebracht. Die Reise nach Deutschland dauert etwa sechs Wochen. Ein zweiter Flieger fängt Ausreißer ein und erkundet Landeplätze. Den Rückweg müssen die Gänse selbst finden. Die Gasteltern ziehen sich nach und nach zurück.
Das Projekt ist auf mehrere Jahre angelegt. Etwa 500 Zwerggänse sollen aufgezogen und sicher an den Niederrhein geleitet werden. Die Kosten sind mit zwei Millionen Euro veranschlagt. Hauptförderer ist die Allianz Umweltstiftung mit 500.000 Euro. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet. Die Tiere tragen einen Sender.
Weitere Informationen unter:
http://www.zwerggans.de
Ulrich Hanselmann, StN