Mentalitätsunterschiede Schweden - Deutsche

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TurboHL
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Mentalitätsunterschiede Schweden - Deutsche

Beitrag von TurboHL »

Hallo zusammen,
ich arbeite seit 3 Jahren in Schweden, und von Anfang an macht mir zu schaffen, was ich hier mal Mentalitätsunterschiede nenne.
Ich habe gewusst, dass Familienzeit wichtig ist in Schweden, und das schien mir auch gut so. Aber in der Realität arbeite ich - ohne Familie - mehr, habe Nachteile bei Beförderungen, die schwedischen Kollegen halten zusammen, oft arbeiten beide Partner in der selben Firma, auch eng nebeneinander. Ich habe auch den Eindruck, dass formale Bildung hier in Schweden nicht wichtig ist. Ich komme mir insgesamt veräppelt und ausgenutzt vor. Mein Manager gibt mir auch keine ehrliche Rueckmeldung, obwohl ich ihm sage, dass mir das fehlt. Er sagt nur Positives, und wenn ich ihn auf Negatives anspreche, weicht er aus. Es kommt einfach kein Dialog zustande, der mich weiterbringen wuerde.
Ich habe Angst, in eine Abwärtsspirale zu kommen, da mich die Situation frustiert, was mir dann auch noch negativ ausgelegt wird.
Habt Ihr Tipps, wie ich zurechtkommen kann?
Danke.
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annie
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Re: Mentalitätsunterschiede Schweden - Deutsche

Beitrag von annie »

Moin,

meine Empfehlungen basierend auf eigenen Erfahrungen:
1. anpassen und unterordnen - konnte und wollte ich nicht
2. den Arbeitsplatz wechseln - Vorsicht Falle, hier ist der Arbeitsmarkt überschaubar und es werden bei Bewerbungen tel. Auskünfte beim vorherigen Arbeitgeber eingeholt
3. nach D. zurück, doch auch hier gibt es grosse mentale Unterschiede. So manches Nordlicht kam in Bayern überhaupt nicht klar.

Es lebt sich nicht gut, wenn einem sein Arbeitsplatz nicht gefällt. Das hat auch auf die Gesundheit irgendwann Auswirkungen.Hier schlaue Ratschläge zu erwarten ist unrealistisch, wir ticken alle anders.
Ich habe mit Mitte 50 einen gut bezahlten Kommunaljob
gekündigt und noch mal völlig neu durchgestartet.
Das hat gut funktioniert und hat mich weiter gebracht.

Grüsse
Andreas
Mackmyra
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Re: Mentalitätsunterschiede Schweden - Deutsche

Beitrag von Mackmyra »

Moin,
aus meiner Sicht sind deine Erfahrungen mehr als nur Mentalitätsunterschiede.
Die Unterstützung von Care Arbeit in der Familie ist tief gesellschaftlich verankert. In Schweden wird darauf viel Rücksicht genommen. Daher ist konsequent, dass von nicht Erziehenden mehr Flexibilität und Einsatz erwartet wird.
Der Wert formaler Qualifikationen ist gerade in Deutschland sehr hoch. Das wird aber mehr und mehr hinterfragt, da sich Berufsbilder und die benötigten Qualifikationen immer schneller ändern und eine Ausbildung nicht mehr für ein gesamtes Berufsleben zählt. Hier kommt es daher mehr auf kontinuierliche Weiterbildung, softe Fähigkeiten sowie Praxis an.
Der Dritte von dir genannte Punkt ist in der Tat ein Mentalitätsfrage. Schweden sind weniger konfliktfreudig als wir es gewohnt sind und sehr auf Konsens ausgerichtet. Das hat mir in der Kommunikation mit Handwerkern schon einiges abverlangt und war eine Gradeanderung. Vielleicht kannst du ja alternativ im Kollegenkreis auch Feedbacks bekommen.
In dem Zusammenhang würde mich interessieren, was dich vor 3 Jahren bewegt hat nach Schweden zu ziehen und was du erwartet hast.

Med vänliga hälsningar
Heiko
Skandinavienfreund
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Re: Mentalitätsunterschiede Schweden - Deutsche

Beitrag von Skandinavienfreund »

Hej,
ich selbst bin nicht nach Schweden ausgewandert, habe allerdings im nahen Umfeld einige, die berichten dann auch gerne mal über ihre Erfahrungen und das schreckte mich ab.
Was ich daraus ziehen konnte sind also nicht alles Selbsterfahrungen.
Geschichtlich ...
Wie unser Nachbar mal sagte, sind die Schweden sehr stolz auf ihr Land. Eine gegenseitige Offenheit sei schon sehr wichtig. Deutsche haben es gerade bei den älteren schwerer, da denen noch Erinnerungen an den WW2 sind und daher ein schlechterer Grundstatus anhaftet.
Familie ...
Familie mit Kindern haben einen besonderen Status was die Arbeits(zeit)gestaltung angeht. Das ist allerdings in D doch auch so. Allerdings muß das ja aber auch entsprechend dem Beruf zugeordnet gesehen werden.
Zusammenhalt ...
Woran man festmachen will das sich Bündnisse gegen einen bilden, dass ist kein schwedisches Ding. Erleb(t)e das hier ebenso. Gerade gegenüber Menschen, die als konkurrenz, nicht teamfähig, intransparent oder querdenker als Problem gesehen werden. Was/wen man nicht kennt, das/der ist ersteinmal aus der Distanz zu beobachten. Erkennbarer Integrationswille ist da einfach ein muß.
Wirtschaftliches ...
Mir ist aufgefallen, dass es bei handwerklichen Arbeiten nicht allein um den Preis geht, als vielmehr auf den nahen Firmenstandort. Dies lässt aber auch ländl. Einzelunternehmer überleben und damit werden auch Verzögerungen in Kauf genommen.
Integrationshilfen ...
Es schadet nie an gesellschaftlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Ob es Tanzangebote, Sportvereine, Kulturveranstaltungen, etc. sind. Dies sind oftmals Kontaktschlüssel. Allerdings sollte man sich auch etwas mit dem Angebot/veranstaltung auskennen, denn so n Fakeinteresse ist leicht zu durchschauen und blockiert eher den Kontaktaufbau. Mit anerkannten Kontakten im hintergrund wird es dann auch leichter mal gehört zu werden, auch wenn die Meinung nicht dem Gruppenmainstream entspricht.
Skandinavienfreund
Wenn's alte Jahr erfolgreich war, dann freue dich aufs neue. Und war es schlecht, ja dann erst recht.
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