Im Rahmen meines Schwedisch-Kurses hatten wir die Gelegenheit, von einer unserer Lehrerinnen durchs Volvo-Museum geführt zu werden, und da kriegt man natürlich andere Sachen mit, als wenn man allein durchlatscht. Zumal unsere Führerin Gunilla ein Schwedisch sprach, bei dem ich (am Ende des A2-Kurses) nahezu jedes Wort verstand - normalerweise bekomme ich einen Sprachbrei mit, der mit Glück so viele verständliche Brocken enthält, dass ich mir im Idealfall den Inhalt zusammenreimen kann.
Und so begann die Geschichte des schwedischen Erfolgsautos - mit einem Krebsessen:
"Ein leckerer Start im Zeichen des Krebses ..."
Tatort: Restaurant Sturehof, Stockholm, an einem warmen Augustabend 1924
Beinah hätte der Wirtschaftsfachmann Assar Gabrielsson seine Krabbenschüssel allein geleert -
doch dann erblickte er seinen Bekannten, den Ingenieur Gustaf Larsson (links), bat ihn zu Tisch,
und gemeinsam brachten sie das Projekt ins Rollen (lateinisch
volvo = ich rolle).
1927 begann die PKW-Produktion (siehe Eingangsposting).
Haustelefone gab's noch nicht, weshalb der Besen vor dem Werksangehörigenphoto nicht vorrangig der Reinigung, sondern der Kommunikation dient - mit Hilfe eines Besenstielklopfzeichensystems (vermutlich in Anlehnung an das Morsealphabet) beorderten Gabrielsson und Larsson ihre Mitarbeiter/innen zu sich.
Der "Carioca", offiziell PV35, war für seine Zeit recht futuristisch,
unter anderem mit in die Karrosserie integrierten Scheinwerfern,
und laut Gunilla für die konservativen Schweden zu moderrn, weshalb er sich schlecht verkaufte.
So bekam er einen technisch ähnlichen, aber optisch den bisherigen Autos ähnlicher sehenden Bruder.
Ebenfalls 1935 entstand mit dem TR 704 ein Taxi, das viele Jahre hindurch gebaut wurde,
weil es nicht kaputt zu kriegen war - Nachteil natürlich: Man kann dann nicht so viele davon verkaufen.
Der "Buckel-Volvo" PV 544 feierte nach seiner Bauzeit 1965 noch einen Triumph als Sieger der
East African Safari-Rallye, wobei die kenianischen Fahrer Joginder und Jaswant Singh noch nicht einmal ein neues Fahrzeug über die Ziellinie lenkten ...
Vor einem neuen Rallyeeinsatz musste das unfallbeschädigte Fahrzeug, das überdies bereits zwei komplette Rennsaisons hinter sich hatte, neu aufgebaut und abgestimmt werden. Eine Arbeit, die Joginder Singh gemeinsam mit seinem Bruder Jaswant erledigte. Obwohl die Brüder Singh bereits mehrfach durchaus erfolgreich mit anderen Marken bei der Safari gestartet waren, traute den beiden Turban tragenden Sikhs niemand viel zu. Schließlich war der Vorjahresstart für Volvo ein Flop gewesen und 1965 gab es noch härtere Konkurrenz durch erfahrene Rennställe großer Marken.
Hinzu kam vermeintliches Pech bei der Startnummernverlosung. Joginder und Jaswant Singh mussten als erste starten, was bisher kaum jemandem Glück gebracht hatte. In diesem Jahr war jedoch alles anders. Die erste Wertungsprüfung wurde bei trockener Witterung gefahren, zum Vorteil der das Feld anführenden Brüder, die sich so nicht im Blindflug durch die dichten Staubwolken Vorausfahrender kämpfen mussten. Die zweite Safari-Etappe führte dann über rutschige Strassen und durch regelrechte Schlammlöcher. Aber der Volvo lag weiter in Führung, zumal die Brüder eine spezielle Technik entwickelt hatten, um sich aus dem Schlamm zu befreien. Am Heck des Volvo waren zwei Griffe angebracht. An diesen hielt sich Jaswant fest, während er schaukelnd auf der hinteren Stoßstange stand, um mehr Druck auf die schmal bereiften Antriebsräder auszuüben. Dank diesem System menschlicher Traktionskontrolle konnte der Lenkradkünstler Joginder den Volvo bis ins Ziel in Führung halten.
Als die Singh Brüder dann am fünften Rallyetag in Nairobi die Ziellinie querten, kannte der Jubel der Zuschauer keine Grenzen. Zumal der zweitplatzierte Ian Jaffray erst eine Stunde und 40 Minuten später eintraf. Joginder Singh wird seitdem voller Bewunderung „Fliegender Sikh” genannt – nie gewann ein Safari-Sieger mit größerem Vorsprung.
https://www.media.volvocars.com/de/de-d ... ari-rallye
Man beachte die beiden Handgriffe über der Heckscheibe !
LHD =
Left Hand Driver - in Ostafrika herrscht Linksverkehr, und alle linksgelenkten Fahrzeuge mussten
(oder müssen immer noch) diese Heckaufschrift haben. E.A.K. heisst
East Africa Kenya.